Unser Bauernhof  (Familie Rensch) bis 1961

 

Unser Hof war ein traditioneller Vierseitenhof, bestehend aus Wohnhaus (um 1900), Stallungen, einer großen Scheune (um 1936) sowie verschiedenen Schuppen. Etwas außerhalb stand ein massives Gebäude für den Backofen. Das Wohnhaus war durch einen Korridor geteilt und ermöglichte so das getrennte Wohnen zweier Generationen.

 

Vor dem Haus zur Straße hin lag ein liebevoll gepflegter Vorgarten, eingefasst von einem Drahtzaun, in dem drei prächtige Obstbäume standen. Alle Gebäude dieser Zeit wurden aus Stein errichtet, an den Standorten hatten jedoch zuvor Holzbauten gestanden. Zum Hof gehörten außerdem ein großzügiger Obstgarten und ein noch größerer Gemüsegarten. Auf der Westseite schützten hohe Akazienbäume den Hof.

 

Auf dem Hof befanden sich zwei Jauchegruben, deren Inhalt zur Düngung der Felder diente. Der Misthaufen lag bis zur Zeit der LPG zentral auf dem Hof und wuchs im Laufe der Jahreszeiten, bis der Mist auf die Felder ausgebracht wurde. Besonders stolz waren wir auf unser selbstgebautes Kükenhaus, an dessen Errichtung auch ich mitwirken durfte. Dort wurden die Küken mit Hilfe elektrischer Wärmelampen aufgezogen, bis sie in den Hühnerstall übersiedelten.

 

Großvater bewirtschaftete 14,9 Hektar Ackerland – ein großer Teil davon lag direkt um den Hof, einige Felder bis zu einem Kilometer entfernt. Zusätzlich gehörten ihm mehrere Waldstücke sowie Wiesen und Weiden im Dannenwalder Luch. Trotz seiner Leistung wurde er als Mittelbauer eingestuft, da erst ab 15 Hektar diese Bezeichnung offiziell galt – eine Tatsache, die ihn sehr ärgerte, denn damit verbunden waren höhere Steuerlasten und staatliche Abgaben.

 

Unser Hof war für die damalige Zeit sehr gut ausgestattet. Zum Tierbestand gehörten:

 

  • Zwei Pferde (Hans und Moritz)
  • 8–10 Kühe, dazu Färsen und Kälber
  • 20–30 Schweine
  • Zwei Schafe
  • Gänse und Enten
  • Bis zu 100 Hühner
  • Ein Hund und stets 3–5 Katzen

 

Die Pferde zogen nicht nur einen Gummiwagen, sondern auch zahlreiche Arbeitsgeräte: Leiterwagen, verschiedene Pflüge, einen Mähbinder, eine Sämaschine, Kartoffelloch- und -rodemaschinen, Eggen, ein Jauchefass, eine Grasmähmaschine, Heurechen und ein Vielfachgerät zum Anhäufeln und Grubbern.

 

Trotz dieser Ausstattung blieb viel Handarbeit notwendig, sowohl auf den Feldern als auch im Wald und auf den Weiden. Die Versorgung und Pflege der Tiere nahm ebenfalls viel Zeit in Anspruch – Arbeit gab es zu jeder Jahreszeit reichlich.

 

Besonders während der Erntezeit arbeiteten wir von früh bis spät. Unterstützt wurden wir von Nachbarn und Verwandten, oft Kleinbauernfamilien wie der Familie Telschow, die wenig eigenes Land und einfache Maschinen hatten. Diese Zusammenarbeit basierte auf gegenseitiger Hilfe, ergänzt durch kleine finanzielle Beiträge und Verpflegung.

 

Auch wir Kinder packten gerne mit an – es fühlte sich für uns nie wie Last an. Besondere Freude bereitete uns das Verbringen der Ernte zur Prignitzer Kleinbahn am Haltepunkt Bärensprung. Hier wurden Teile der Ernte, das sogenannte „Soll“ und die „freien Spitzen“, gewogen und auf bereitstehende Waggons verladen.

 

Von Bärensprung aus fuhren wir auch häufig mit unserer Mutter in die Kreisstadt Kyritz, um Einkäufe zu erledigen oder Arztbesuche wahrzunehmen – zunächst mit der Kleinbahn, ab Mitte der 1960er Jahre dann zunehmend auch mit dem Bus.

 

Trotz der schweren Arbeit blicken wir auf eine erfüllte und lebendige Zeit zurück – eine Zeit voller Zusammenhalt, Naturverbundenheit und kindlicher Abenteuer.

 

Quelle: Erhard Rensch

Kategorie
Geschichten