Backen im Backofen – Tradition und Gemeinschaft
Zu besonderen Anlässen wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten oder größeren Familienfeiern wurde auf unserem Hof der große Backofen angeheizt. Dieser Backsteinbau mit seinem kleinen Spitzdach stand etwas abseits vom eigentlichen Hofgelände. Leider ist er in den siebziger Jahren, nachdem er nicht mehr genutzt wurde, verfallen – doch die Erinnerungen daran sind bis heute lebendig.
Das Anheizen und Backen war die Aufgabe meines Großvaters. Niemand außer ihm durfte sich an diese „kleine Wissenschaft“ wagen. Mit großer Sorgfalt und Erfahrung zelebrierte er das Befeuern des Ofens. Geheizt wurde ausschließlich mit Kiefernreisig, das wir Kinder ihm nachreichten. Der Farbwechsel der Ofenkuppel war ein wichtiges Zeichen: Zuerst färbte sie sich schwarz, dann weiß – und dieser Wechsel geschah dreimal. Erst dann war die perfekte Hitze erreicht.
Anschließend wurde die glühende Asche gleichmäßig an den Rand des Ofens verteilt – ein Vorgang, der etwa eine Stunde dauerte, uns Kindern jedoch wie eine Ewigkeit vorkam. Kurz vor dem Ende dieser Vorbereitung halfen wir beim Herantragen der vorbereiteten Blechkuchen und Brote, die Mutter und Großmutter mit viel Liebe gebacken hatten. Oft brachten auch Nachbarn auf kleinen Karren ihre eigenen Kuchen vorbei, sodass sich die Mühe des Anheizens richtig lohnte.
Mit einem langen Schieber platzierte Großvater die Bleche und Formen im Ofen. Durch ein kleines Guckloch behielt er den Backvorgang genau im Blick – sein gutes Gespür für das richtige Timing sorgte dafür, dass Brote und Kuchen immer auf den Punkt gebacken waren: außen goldbraun und knusprig, innen saftig und aromatisch.
Während der Wartezeit vor dem Ofen wurde natürlich auch geplauscht. Neuigkeiten aus dem Dorf machten die Runde, und so manche Flasche wurde dabei geleert. Die Brote aus unserem Ofen waren beeindruckend groß – oft doppelt so schwer wie ein normales Bäckerbrot – und hatten eine unvergleichlich dicke, aromatische Kruste.
Wenn einmal kein eigenes Brot gebacken wurde, holten wir unser Bäckerbrot vom Bäcker Lamprecht in Döllen oder vom Bäcker Karper in Dannenwalde. Dennoch blieben die selbstgebackenen Brote und Kuchen aus dem alten Backofen etwas ganz Besonderes – ein Symbol für Gemeinschaft, Tradition und den unvergleichlichen Geschmack echter Handarbeit.
Quelle: Erhard Rensch